Alzheimer, Fotografien Peter Granser
Peter Granser zeigt einzigartige Fotos von
Alzheimerkranken, alten Menschen, die unter Demenz
leiden. Die Stiftung Sonnweid, vertreten durch
Martin Mühlegg, organisiert zusammen mit der
IG-Halle die Wander-Ausstellung. Das Projekt wird
durch artefix kultur und schule
pädagogisch-didaktisch begleitet.
Alzheimer ist eine Krankheit mit vielen sozialen und
gesellschaftlichen Auswirkungen, welche nur allzu
gerne verdrängt werden.
Dieses gesellschaftspolitische Thema via
Kulturvermittlung an Kinder und Jugendliche
heranzutragen bietet vielfältige Möglichkeiten der
Auseinandersetzung mit den Facetten dieser Krankheit
und deren Auswirkungen auf Betroffene, Begleitende
sowie vermeintlich Aussenstehende. Als Teil der
Gesellschaft übernimmt jede/r Verantwortung. Jede/r
kann direkt Betroffene/r werden. Wir wissen es
nicht. Wir können es aber auch nicht verdängen oder
vergessen machen.
Die Fotos von Peter Granser setzen Menschen mit
Alzheimer ins Zentrum. Sie faszinieren und sprechen
auf eine feine, respektvolle Weise die emotionale
Ebene an. Es sind ruhige und zugleich starke Bilder.
Den fotografierten Menschen ist nicht bewusst, dass
sie abgelichtet werden. Dadurch sind die Fotos
unverfälscht, wirken auf uns direkt, unverfangen,
bisweilen bizarr. Die Bilder zeugen von Vergessenem,
Verlorenem und von der Suche – Themen, die eng mit
Alzheimer verbunden sind. Dieser Zerfall von
gewohntem Funktionieren, der einen in Abhängigkeit
und Unselbständigkeit führt, wird oft gefürchtet und
verdrängt. Gerade Kinder und Jugendliche suchen das
Beständige, befinden sich in einer vorwärts
gerichteten Entwicklung ihrer Persönlichkeit und
ihrer Kompetenzen. Der Vergleich mit dem, was
vielleicht mal nicht mehr sein wird, mit verlorener
Erinnerung und mit dem Unvermögen, gemäss den
Konventionen des Lebens zu funktionieren, zeigt
ihnen das immense Potential auf, über welches sie
verfügen und welches es weiter zu entwickeln, zu
nutzen und zu schätzen gilt.
In dieser emotionalen Betroffenheit finden sich
jedoch auch ungeahnte Leichtigkeit und Zufriedenheit
durch Vergessen. Vergessen kann auch bedeuten, dass
man nicht nachtragend ist. Dass in gewissen
Situationen Humor der bessere Ratgeber ist als
Verbissenheit. Dass die Freude an einer aktuellen
Situation hilfreicher ist als eine Fokussierung auf
Vergangenes. Vergessen bedeutet für
AlzheimerpatientInnen denn auch ein aus dem Moment
bestimmtes Leben, ein Leben ausserhalb bewusster
Normen und Regeln. Sie leben anarchistisch,
unbelastet, ehrlich. Das ist für Aussenstehende
nicht immer einfach zu verstehen. Anarchie ist
gleichsam Thema bei Kindern und Jugendlichen. Sie
wähnen sich dauernd zwischen einem Drang nach
Freiheit sowie individueller Entfaltung auf der
einen Seite und dem Bedürfnis nach Anerkennung sowie
Sicherheit durch regelkonformes Verhalten auf der
andern.
Im Mittelpunkt der Ausstellung stehen Peter Gransers
Porträts von Menschen mit Alzheimer. Sie eröffnen
gedanklich verschiedene Perspektiven auf Aspekte im
Leben eines jeden Menschen: Sicherheit, Zeit,
Planung, Strukturen, Vertrautes, Veränderung.
Themen, die, unabhängig von Alzheimer, in jedem
Alter von Relevanz sind. Menschen fühlen sich
allgemein dann wohl, wenn sie akzeptiert und ernst
genommen werden. Die Auseinandersetzung mit der
Ausstellung über Alzheimer greift diese Themen auf
und trägt etwas zu dieser Einsicht bei.
Ausstellung und Schwerpunkte des Leitfadens
Die ausgestellten Fotos von Peter Granser und der
Leitfaden ermöglichen einen kreativen, individuellen
und experimentellen Zugang zum Thema Alzheimer.
Für die Vorbereitungen im Unterricht, den
Ausstellungsbesuch mit den Schulklassen sowie die
Umsetzung im Unterricht steht eine Vielzahl von
Modulen zur Verfügung, die unterschiedliche
Auseinandersetzungen mit der Thematik ermöglichen,
wie beispielsweise
-
Austausch von Erfahrungen und Reflexionen zu
Vergessen und Erinnerung.
-
Vergleich authentischer Aussagen und Berichte
von Betroffenen bzw. Angehörigen von
AlzheimerpatientInnen
-
bildhaftes, kreatives Erfahren der eigenen Sinne
oder Erleben von eigenen Reaktionen in
ungewohnten Situationen.
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